Meine Eltern hatten eine ziemlich toxische Beziehung. Mein Bruder und ich haben das damals nicht so genannt. Es gab das Wording gar nicht. Aber gespührt haben wir es immer. Schon von klein auf gab es diese Spannungen.

Auf der einen Seite mein Vater, Jahrgang 1944, studiert, mittlereres Management, Segler, Handwerker und Macher, sich stets in der Rolle des „Ernährers“ gesehen, der alles überhaupt „ermöglicht“. Auf der anderen Seite meine Mutter, Jahrgang 1946, Realschulabschluss, gelernte Bürokauffrau, erst in der Rolle der Hausfrau und Mutter aufgegangen, dann darin gefangen.

Ich habe die Beziehung von meinen Eltern nie als gleichwertig erlebt. Die Abhängigkeit war immer greifbar. Natürlich habe ich das als Kind in dieser Form nicht verstanden. Es hat aber den Blick dafür geschärft, wie ich mein Leben nicht gestalten möchte.

Heute habe ich selbst Familie. Ich lebe mit meiner Frau und meinen beiden Kindern in Göttingen und probiere, alles ein bisschen besser zu machen. Manches gelingt, von vielen Denkmustern und Glaubenssätzen versuche ich mich immer noch zu befreien.

Die Entscheidung, vor gut sieben Jahren dem Spiegel in Hamburg (und damit der großen Medienwelt) den Rücken zu kehren, habe ich für die Familie getroffen. Ich hatte keine Ahnung, ob und wie ich im Journalismus von Göttingen aus nach der Elternzeit wieder Fuß fassen könnte. Ich meine: Göttingen! Darum ging es auch nicht. Ich wollte für meine Familie Verantwortung übernehmen, für meine Frau und meine Kinder da sein. Mit ihnen zusammen sein. Die Karriere hinten anstellen.

Dass sich die Dinge dann so fantastisch entwickeln, konnte ich nicht ahnen. Sicher, es ploppt immer mal wieder die Frage auf, ob das so klug war, sich erst vom ZDF und dann vom Spiegel zu verabschieden. Aber der Wunsch meiner Frau, wieder nach Göttingen zurückzugehen, und mein Wunsch, Zeit über Geld, Familie über berufliche Reputation zu stellen, hat in der Konsequenz überhaupt erst die Tüt aufgemacht, dass ich nun seit sechs Jahren hauptberuflich einen Newsletter über Social Media, Tech und KI schreibe.

Mein innerer Kompass sagt mir, dass es die richtige Entscheidung war. Auch wenn die Solo-Selbständigkeit oft enorm fordernd, manches mal arg frustrierend ist, habe ich gleichermaßen dadurch all die Freiheiten, die ich mir gewünscht habe, um mit meiner Frau gleichberechtigt durchs Leben zu gehen. Es anders zu machen, als ich es von zuhause mitbekommen habe. Präsent zu sein, für die Kids da zu sein, klassische Rollen aufzubrechen.

Ich wünschte, es gäbe in unserer Gesellschaft eine größere Bereitschaft unter Männern, mehr Zeit in die Familie zu investieren. Ein Blick in die Statistiken zeigt, dass dem leider nicht so ist (Zeit Online).

Ich habe Minou gefragt, was sie davon hält.

Was mich aktuell beschäftigt

  • Ich verliebe mich gerade neu ins Bloggen. Keine Ahnung, wohin die Reise führt. Aber es fühlt sich wieder an wie vor der Zeit, als mich das kommerzielle Social-Web komplett verschlungen hatte.
  • Ich baue mir gerade eine neue Website. Statt Wordpress nutze ich nun micro.blog für martinfehrensen.de
  • Ganz im Sinne des Prinzips POSSE publiziere ich jetzt sämtliche Links, Notizen, Fotos und Gedanken zunächst auf meiner eigenen Seite und syndiziere sie dann mit meinen Accounts bei Bluesky, Mastodon und Threads.
  • Speaking of Threads: Dass sich die Plattform jetzt wirklich Richtung Fediverse öffnet, ist ein guter Schritt, die Mauern der Walled Gardens einzureißen. Außerhalb ist es nämlich wirlich auch sehr schön.
  • Wie das mit der Öffnung dann aussehen kann, sieht man hier: Der Post von Evan Prodromou wurde bei Threads veröffentlicht (Link), taucht aber über die Anbindung an das „Activity Pub“-Protokoll gleichzeitig auch bei Mastodon auf (Link). Sweet!
  • Ich prüfe derzeit, ob und wie ich mich politisch stärker einbringen kann. Die Demos der letzten Wochen haben mich arg motiviert. Wo und wie, kann ich noch nicht absehen.
  • Meine große Tochter kommt im Sommer auf die weiterführende Schule. Aktuell schauen wir, welche das sein könnte. Derzeit tendieren wir dazu, sie bei einer integrierten Gesamtschulen anzumelden. Da muss sie dann aber auch überhaupt erst einmal einen Platz bekommen. Wirklich eine tolle Schule: igs-goe.de.
  • Mein Coworking-Mitstreiter hat Göttingen wieder verlassen. Jetzt steht dort, wo er seinen Schreibtisch hatte, ein Sofa. Auch ganz nett, aber es ist bei weitem nicht so unterhaltsam und kann auch überhaupt kein Tischtennis spielen.
  • Drum & Bass ist zurück. Chase & Status werden bei den Brit Awards als beste Producer ausgezeichnet, kaum eine Playlist kommt ohne aus. Hoffen wir mal, dass das nicht so ausgeht wie bei Dubstep.

Was ich hinter mir gelassen habe

  • Der Umzug vom Social Media Watchblog ist jetzt final abgeschlossen. Wordpress und Mailchimp sind Geschichte, Ghost ist die Zukunft.
  • Auch meinen persönlichen Newsletter habe ich von Substack zu Ghost transferiert. Die Politik der Gründer hat mir leider keine andere Wahl gelassen.
  • Eigentlich wollte ich über den Wechsel zu Ghost auch noch einmal ausführlicher schreiben, aber irgendwie fühle ich das gerade nicht so. Wer dazu Fragen hat, kann mir aber gern jederzeit schreiben.
  • Im Zuge meines digitalen Frühjahrsputz habe ich zudem auch meine Workspaces bei Notion dicht gemacht. Fortan nutze ich Obsidian für meine Notizen: schneller, lokal und die Synchronisation ist Ende-zu-Ende verschlüsselt.
  • Eigentlich wollte ich dieses Jahr auch wieder bei der Tour de Energie mitfahren. Da meine Tochter aber an dem Tag Geburtstag hat, habe ich mich von der Idee nun wieder verabschiedet. Family first.

Was ich gerade arg feiere

  • Ich kriege derzeit vor allem von DJ Koco nicht genug. Dass er all diese 45s überhaupt hat, ist schon einmal völlig unglaublich. Wie er sie dann aber auch noch auflegen kann, ist von einem anderen Stern.

Hey, das war die erste Ausgabe meines persönlichen Newsletters „roh & ungefiltert“. Du erhältst diesen Newsletter jeden Freitag um 12:00 Uhr, weil du dich einmal dafür angemeldet hattest. Ist aber ehrlicherweise schon ein bissl her. Wenn du den Newsletter nicht mehr beziehen möchtest, kannst du dich super easy mit einem Klick auf den Link unten im Footer abmelden. Alles fein. Der Newsletter ist kostenlos. Wenn du meine Arbeit unterstützen möchtest, dann am besten, indem du Mitglied beim Social Media Watchblog wirst. Ich freue mich aber auch sehr, wenn du mich auf meiner „roh & ungefiltert“-Seite bei Steady unterstützt oder mir einen Kaffee ausgibst: buymeacoffee.com/martinfehrensen. Many thanks, Martin

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