Ich bin ein ziemlich übler Dopamin-Junkie. Bis vor kurzem dachte ich, dass ich mich halt gern in Sachen reinschmeiße. Entweder ganz oder gar nicht. Fußball während der Schulzeit? Landesliga! Auflegen während des Studiums? Eigenes Soundsystem! Job in den Medien? ZDF, Spiegel! Selbstständigkeit? Ein Paid-Newsletter, wie es ihn in Deutschland kaum ein zweites Mal gibt.

Wie wichtig dabei auch die Sehnsucht nach Applaus ist, habe ich erst in den letzten Jahren gelernt. Die Kindheit spielte eine Rolle. Das Heranwachsen in einem Elternhaus, in dem die Eltern primär mit sich selbst beschäftigt sind, hat mich geprägt. Mit Anfang 30 habe ich es dann ja auch tatsächlich geschafft, dass mein Vater mir zuhört. Als ich aus dem Fernseher zu ihm sprach. In seiner Lieblingssendung. Genial? Traurig? Ansichtssache.

Aber nicht nur die Herkunftsfamilie ist für die Jagd nach Dopamin verantwortlich. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Langeweile der Feind ist. Dass das auf Dauer nicht gut gehen kann, beschreibt Anna Lembke in ihrem lesenswerten Buch „Dopamine Nation“. Mensch und Natur sind eigentlich darauf ausgelegt, dass sie miteinander und für sich im Gleichgewicht leben. Vergnügen führt unweigerlich zu Schmerz. Je weniger „pleasure“, desto weniger „pain“. Doch so funktioniert die Welt nicht. Die Welt ist darauf ausgelegt, dass es kickt.

Wenn bei mir aber jeder Gang zum Rechner damit verbunden ist, dass vielleicht ein neues Abo in meinem Postfach gelandet ist. Wenn jedes Login bei Instagram, LinkedIn, Bluesky, Mastodon oder Threads damit verknüpft ist, dass doch irgendjemand ein Like, ein Follow, ein Retweet oder ein Kommentar dagelassen haben könnte. Wenn doch immer wieder Reels geguckt werden, weil ja das nächste noch lustiger, erhellender, erfrischender oder cooler sein könnte. Dann ist etwas in Schieflage geraten. Ich bin doch Profi. Verstehe, was passiert. Oder halt auch nicht.

In ihrem Buch arbeitet Dr. Lembke mit dem Bild einer Wippe. Auf der einen Seite alles, was Dopamin verspricht: Schokolade, Gaming, Social Media, Shopping. Auf der anderen Seite machen es sich die kleinen Gremlins gemütlich, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Doch je mehr Gremlins da sind, desto stärker das Verlangen nach dem nächsten Kick.

Prolonged consumption of high-dopamine substances eventually lead to a dopamine deficit state.

Ich kann mit diesem Bild viel anfangen. Es erinnert mich daran, Schmerz auszuhalten. Nicht auf der Pleasure-Seite direkt nachzusteuern. Die Gremlins werden weniger. Die Gier lässt nach. Die Lust an einfachen Dingen steigt. Dauert halt. Ist hart. Und klingt auch irgendwie übel.

Nur wenn ich mich mit Freunden und Bekannten über dieses Thema austausche, stelle ich schnell fest: Bei ihnen ist es nicht viel anders. Die Trigger sind vielleicht andere. Aber der Erfolg von Plattformen wie Temu, Handyspielen und Social Media allgemein zeigt, was für krasse Dopamin-Junkies wir alle sind.

Was mich aktuell beschäftigt

  • Ich frage mich, wie ich mich der Aufmerksamkeitsökonomie stärker entziehen kann, ohne dabei meinen Wunsch aufgeben zu müssen, Menschen mit meinen Gedanken zu erreichen.
  • Aber je stärker sich die Plattformen dahin entwickeln, dass das eigene Netzwerk immer weniger Relevanz hat, desto weniger macht es für mich Sinn, dort zu posten. Ich will keine Algorithmen bezwingen.

Worauf ich mich freue

  • Ich habe mir eine neue Kamera gekauft. Dopamin und so. Aber vor allem habe ich auch die Idee, wieder mehr mit Film zu machen. Mein Engagement beim ZDF liegt nun schon einige Jahre zurück. Mein letzter eigener Film, meine Uni-Abschlussarbeit über Rapper in Berlin, ist nun sogar schon stolze 14 Jahre her. Da möchte ich anknüpfen. Ich habe doch Dokumentarfilm studiert.

Was ich derzeit feiere

  • Ich bin schon seit Jahren großer KIZ-Fan. Auch wenn sich die Botschaften von Maxim und Co nicht für alle direkt vermitteln, trust we, das sind gute Jungs! Der neue Track passt sehr schön zur heutigen Ausgabe.

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